Zwischen Poesie und Kinski
Goethes Erben live im Bremer Schlachthof

          

Als hartgesottener Indie-Fan hat man ja schon so einige abgefahrene Konzerte miterlebt. Was Goethes Erben allerdings am Karfreitag dem vornehmlich in schwarz gekleideten Publikum im Bremer Schlachthof boten, ließ ein polarisiertes Publikum zurück.

Während der eine Teil vollauf begeistert war und nach Zugaben lechzte, suchte der andere Teil eine Möglichkeit, das Geschehen auf dem schnellsten Wege zu verlassen.
Eingerahmt in ein Musiktheaterstück, wurde die Geschichte einer Flucht aus kriegerischer Gefangenschaft mit anschließendem Tod erzählt. Einmal aus der Sicht des Flüchtenden (Blau) und zum anderen aus der Sicht der Mutter, die den Tod des geliebten Sohnes verarbeiten muß (Rebell).
Goethes Erben sind nicht als konventionelle Musikgruppe zu sehen, sondern sie haben sich einer dunklen Art des modernen Musiktheaters verschrieben. So ist es auch nicht verwunderlich, wenn Mastermind Oswald Henke bei der Live-Präsentation vermehrt schauspielerische Qualitäten unter Beweis stellt als musikalische. Er schwankt dabei zwischen einem rezitierendem Poeten und einer von Wahnsinnsanfällen geschüttelten Klaus Kinski-Reincarnation auf der Bühne umher, dieses allerdings recht überzeugend.
Eine recht interessante Bühnentechnik wurde dem Zuschauer geboten. Live mitgeschnittene Nahaufnahmen der Musiker wurden auf Leinwandecken per Videotechnik übertragen. Die Ausdrucksform von Goethes Erben zu verstehen, bedarf es einer gehörigen Portion guten Willens und Aufgeschlossenheit, allerdings machte Oswald Henke es mit seinem Sprechgesang, der zuweilen in Schreigesang endete, auch nicht so ganz einfach.
Schade nur, daß man aufgrund der unnötigen, übertriebenen Lautstärke kaum die Texte verstehen konnte und die Performanz so fast nicht zu ertragen war. Manche Tontechniker lernen es eben nie !



(Maik Heinsohn 04/1995)

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